Das haekelschwein Blog

Bluesky Mastodon Simplesachen Instagram

Totale Herrschaft

24.10.2011 01:00

Immer wieder der Leseempfehlung wert ist Hannah Arendts „Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft“, ein tausendseitiger philosophischer Essay über den Gesellschaftskrebs namens Totalitarismus: Was unterscheidet die Herrschaft Hitlers und Stalins von allen anderen Diktaturen, was die Masse vom Mob und warum entbrennt der totalitäre Terror, wenn der innenpolitische Gegner längst besiegt ist?

Besonders interessant die Ausführungen darüber, wie Macht Realität beeinflusst und wie totalitäre Regime kraft ihrer unbegrenzten Machtfülle Propagandalügen in Wahrheiten ummünzen können, ja geradezu gezwungen sind, diese Allmacht anzustreben, um die Festung ihres Lügengebäudes uneinnehmbar zu machen.

Auf Seite 727 liest man dazu:

So setzte etwa die bolschewistische Regierung in Rußland die ideologische Forderung durch, dass es in einem sozialistischen Lande keine Arbeitslosigkeit geben dürfe, aber nicht so, daß sie propagandistisch-schwindelhaft in einem Moment offenbarer Arbeitslosigkeit behauptete, es gäbe keine Erwerbslosen, sondern sondern indem sie ohne alle Propaganda erst einmal die Arbeitslosenunterstützung abschaffte. Die Lüge wurde Wahrheit: Es gab keine Arbeitslosen mehr in Rußland, nur noch Bettler und asoziale Elemente, und der alte sozialistische Grundsatz "Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen" war auf eine zwar unerwartete, dafür aber um so radikalere Weise verwirklicht worden. Oder: Als Stalin die Geschichte der russischen Revolution umzuschreiben beschloß, bestand seine "Propaganda" der neuen Fassung lediglich darin, zusammen mit der alten Auflage und den zu ihr gehörenden Dokumenten die alten Autoren und ihre Leser zu vernichten.“

Weiter heißt es ab Seite 742:

„Es ist, als ob man mit einem potentiellen Mörder darüber debattiert, ob sein zukünftiges Opfer tot oder lebendig sei, und vergißt, daß ein Mörder jederzeit den Beweis für seine Behauptung durch die Tat antreten kann. (…) Die Behauptung, daß nur Moskau eine Untergrundbahn habe, ist nur so lange eine Lüge, als die Bolschewisten nicht die Macht haben, alle anderen Untergrundbahnen zu zerstören. Daher verrät die Propagandamethode der unfehlbaren Voraussage (…), daß die Beherrschung des Erdballs das notwendige Endziel der totalitären Bewegungen ist; denn nur in einer vollständig kontrollierten und beherrschten Welt kann der totalitäre Diktator alle Tatsachen verachten, alle Lügen in die Wirklichkeit umsetzen und alle Prophezeiungen wahr machen.“

Nichtwählen als Protest?

18.10.2011 01:00

Wer nicht wählen geht, wählt automatisch den Wahlsieger.

Es ist ein verbreiteter Irrtum, man würde durch Nichtwählen Protest ausdrücken können und es „denen da oben“ mal so richtig zeigen. Die Stimmenverteilung wird ja nicht aus allen Wahlberechtigten errechnet, sondern aus den abgegebenen Stimmen.

Wenn nur noch ein Bürger zur Wahl ginge und dieser die CDU wählte, dann wäre die CDU mit 100% der Stimmen gewählt, bekäme die Wahlkampfkosten entsprechend erstattet und hätte die absolute Mehrheit, ohne sich über all die Nichtwähler zu ärgern.

Ein Mittel gegen Spam

18.10.2011 00:09

Um sich gegen Spam zu schützen, gibt es vielerlei Filtersoftware, die mehr schlecht als recht vor all den unerwünschten Mailangeboten schützt, und stets hat man das Gefühl, dem Ansturm nicht Herr zu werden.

Im Grunde muss man die Spammer aber mit ihren eigenen Waffen schlagen und einfach so lange alles von ihnen kaufen, bis sie sich steinreich zur Ruhe setzen und der Spammerei entsagen.

Ich nehme daher jede Viagra-Offerte an und bestelle jedes Körperteil-Verlängerungsangebot. Ich habe schon so viel Geld bei diesen Anbietern gelassen, dass sie das Arbeiten bald nicht mehr nötig haben werden und die Spamflut versiegt. Ein Nachteil ist, dass ich mittlerweile einen halben Meter vom Schreibtisch entfernt sitzen muss.

Aber was tut man nicht alles zum Wohle der Allgemeinheit.

Kapitalkrebs - ein Gleichnis

17.10.2011 23:14

Wenn in einer Krebsklinik die Chefärzte um ihre Einnahmen bangen müssten, weil die Betten voller zahlungsunfähiger Patienten sind, wie sollte eine Regierung dann helfen: Soll sie den Kranken Geld geben, damit diese ihre Heilung und somit auch die Ärzte bezahlen können, oder soll sie die Patienten zum Sterben nach Hause schicken und den Doktoren ihren Verdienstausfall direkt ausgleichen? Soll die Finanzspritze oben oder unten ansetzen?

Ein Lehrstück

11.10.2011 22:44

Der NDR verhöhnte heute in „Menschen und Schlagzeilen“ die Piratenpartei mit einer ganz einfachen Methode, die sonst vornehmlich gegen extremistische Parteien und Sekten angewendet wird, worüber wir dann gerne lachen, die aber prinzipiell gegen jeden eingesetzt werden kann.

Man bittet einfach ein paar kamera-unerfahrene Parteivertreter zum Interview und zeigt dann später nicht nur deren Statements, sondern auch, wie sie sich hinsetzen, aufstehen, unsicher nachfragen, verhaspeln und korrigieren. Also all das, was in jedem Interview vorkommt, aber bei allen anderen rausgeschnitten wird. In Zeitungen wäre die Entsprechung das wortgetreue Abdrucken eines Interviews mit allen „Äähs“ und Satzbaufehlern, was eine selten eingesetzte, aber wirkungsvolle Gemeinheit ist.

Auch die Kulisse war wunderbar gewählt: Hobbykelleratmosphäre mit zwei Parteifahnen, von denen sich eine während der Aufnahmen löste, was natürlich gerne gesendet wurde.

Es ist vom ersten Bild an klar, was der Beitrag bezwecken soll, aber das tut seiner Wirkung keinen Abbruch.

Die Statements der Piraten selbst waren zugegeben sehr dürftig. Wahrscheinlich wurden die Fragen vorher nicht besprochen, Lampenfieber tat ein Übriges und dann musste man nur noch die schlimmsten Stellen heraussuchen. Auch hier kommt es darauf an, was man mit seinem TV-Beitrag aussagen will - dementsprechend entscheidet man, ob der Interviewte die Chance erhält, eine missglückte Äußerung nochmals einzusprechen, und welche Takes man schließlich in den Bericht übernimmt.

Soll heißen: Ja, die Interviewten sind natürlich auch selbst schuld, dass sie keine perfekten Selbstdarsteller und Redner sind und vor Nervosität den Kopf leer haben, all das passiert geübten Profipolitikern nicht so leicht. Aber hier sind die Bremer Piraten ganz eindeutig in eine Falle getappt, wo schon vorher feststand, dass sie vorgeführt werden sollten. Sie hatten keine Chance. Sie dienten lediglich als Illustration für die vorgefasste Meinung „amateurhafte Nerdpartei“.

Ein übles Stück Manipulation, aber auch ein Lehrstück.

Aus meinen Tweets im September 2011

30.09.2011 23:59

Wenn dumm schlimmer wäre als dick, enthielten Frauenzeitschriften keine Diättipps, sondern Weiterbildungsseiten.

Ich hatte mal eine Zimmerpflanze, die ist aber irgendwann ausgezogen, weil ich mich zu wenig gekümmert habe. Wir sind Freunde geblieben.

„Du siehst immer besser aus und ich immer schlimmer, irgendwann treffen wir uns in der Mitte!“

Ob Printjournalisten, die was in Stein meißeln dürfen, genauso stolz darauf sind wie Blogger, die was auf Papier veröffentlichen dürfen?

Unterhaltungselektronik-Entwickler sollten verpflichtet sein, ihre Oma mit zur Arbeit zu nehmen, um die Bedienbarkeit der Geräte zu testen. Ein Hi-Fi-Gerät kann erst dann als fertig entwickelt betrachtet werden, wenn seine Anleitung in einen Tweet passt. Beispiel CD-Receiver: „Linker Regler: Einschalten und Lautstärke. Rechter Regler: Senderwahl in alphabetischer Reihenfolge, Titelwahl bei CD.“(Außer 2 Reglern keine weiteren Tasten. Nach Einschalten Radiobetrieb, CD spielt ab, wenn in den Schlitz gesteckt, Auswurf bei Ausschalten.)

Ich hab mir die Nase vergrößern lassen. War eigentlich keine Absicht, aber man hat mich verkehrt herum in den OP-Saal geschoben.

Die Buchstaben der Computertastatur sollten so angeordnet sein, dass sie eine Geschichte ergeben. Dann hätte jeder sein Erfolgserlebnis.

Muss man eine Sprache nicht lieben, in der es die Wörter verkoken, verkorken, verkoksen und verkorksen gibt?

ÖPNV Öpve

25.09.2011 15:27

Ginge es nach mir, wäre der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) kostenlos. Er ist ohnehin nicht kostendeckend, sondern wird von den Steuergeldern subventioniert, beispielsweise durch die Mehrwertsteuer, die auch Geringverdiener zahlen. Außerdem müssen wir alle den Lärm und die Abgase von Bussen und Bahnen ertragen. Wenn also die Nachteile des ÖPNV bereits auf die Gesamtbevölkerung umgelegt sind, können wir dessen Vorteile, nämlich die Nutzung, nicht auf jene beschränken, die sich eine Fahrkarte leisten können.

Das Problem dieser Idee ist nicht ihre Finanzierbarkeit, sondern die Tatsache, dass Deutschlands Wirtschaftskraft stark von der heimischen Autoindustrie abhängig ist, auf welche sich eine Förderung des ÖPNV nachteilig auswirken könnte. So wie ich meine Landsleute kenne, würden die meisten aber trotzdem weiterhin ein Auto wollen und es nur seltener nutzen.

Ein beliebtes Gegenargument ist auch, dass kostenlose Züge zu Schlafstätten von Obdachlosen würden, aber das sollte ein Anreiz sein, die Ursachen von Obdachlosigkeit zu bekämpfen und nicht ihre Symptome zu verstecken.

Opferbereitschaft

07.09.2011 01:00

Ein extremes Bild für den Begriff Opferbereitschaft findet sich in Hans Ulrich Kempskis „Rote Sonne über gelber Erde“ aus dem Jahre 1957:

„Über ein Drittel der Bevölkerung Chinas lebt in den Tälern des Jangtse, der alle fünf oder sechs Jahre über die Ufer tritt. Hätten sich 1954 bei der letzten Katastrophe, als die Dämme zu bersten drohten, nicht zehntausend Männer ins Wasser geworfen, um mit ihren Leibern die Fluten zu brechen, so wäre Wuhan heute leblose Wüste.“

Ich weiß nicht, ob diese Geschichte wahr ist oder gut ausgedacht, aber müsste ich jemals einen chinesischen Propagandafilm drehen, käme sie darin vor!

Western

05.09.2011 22:27

Winnebur Williams errreichte den Saloon Punkt zwölf und glitt geschmeidig vom Rücken seines Reitpferds herunter, blieb aber mit den Sporen im Steigbügel hängen und landete lautstark auf seinem riesigen Riechkolben.

Der Sand rieselte ihm noch aus der Nase, als er die Flügeltüren aufschlug und breiten Schrittes Bettys Saloon betrat. Stille. Die Musik hörte auf zu spielen, nur das Ticken der alten Wanduhr war zu hören. Am Pokertisch saßen Hank und seine Halunken und spähten misstrauisch zum Eindringling hinüber.

„Die Zeit der Abrechnung ist gekommen,“ krähte es aus Winneburs knorriger Kehle. Ein Schauder fuhr über Bettys blanken Rücken, als sie die Treppe herunterkommend die strenge Stimme des sandgesichtigen Gesellen vernahm. Wenige Dinge sind wohl so ärgerlich wie eine Geschichte, die viel versprechend anfängt und dann ganz unvermittelt abbri

Aus meinen Tweets im August 2011

31.08.2011 23:59

Je kleiner die Wohnung, desto größer ist die Welt da draußen.

Ich glaube, der kleine dicke Hund aus dem Tierheim war ein Biber. Zumindest hat er seine Hütte aufgegessen. Tausche ich morgen um!

Ich habe mich mal einer Meerjungfrau auf den Arm tätowieren lassen.

Stellt Euch vor, Ihr wäret eigentlich 90 und noch einmal in Eure aktive Zeit zurückkatapultiert worden: So solltet Ihr jetzt leben!

Was in Bibliotheken verboten sein sollte, neben tollwütigen laut trötenden Elefanten, ist das Tragen von Flipflops.

Ich sitze vorm Altersheim. Eine Feuerwehr fährt vorbei. Ich halte mir als einziger die Ohren zu.

Schlaft schön! Falls Ihr hässlich seid und daher nicht schön schlafen könnt, legt einfach eine Decke drüber!

Habe Zutaten gekauft, ohne zu wissen, wofür. Also mache ich Bœuf Molotow: Pfanne auf, alles reinwerfen und weglaufen!

Was Göttingen gegenüber den Nachbarstädten auszeichnet, ist der Bildungsgrad seiner Pizzaboten.

Ob ein Glas halb voll oder halb leer ist, kommt auf das Getränk an.

Hab mir ein Bad einlaufen lassen, aber jetzt ist es zu klein.

Das Leben ist oft länger als man denkt. Das nennt sich Altersdemenz.

Die heutige Jugend hat das gleiche Problem wie die Wohlhabenden und Erfolgreichen: Ich gehöre nicht dazu.

Geld allein macht nicht glücklich. Man muss auch derjenige sein, der es hat!

Wenn man einen Film aus den 60ern sieht und der Einzige, der einem nicht albern angezogen vorkommt, ein Clown ist...

Früher hatte ich 'nen imaginären Freund namens Boppo Bip. Dann hat er mich ermordet und meinen Körper übernommen. Har har, ich bin's, Boppo!

Seit ich mir „Vermögen“ auf den Bauch tätowierte, erfreut mich sein ständiges Wachstum.

Intelligenz weiß nur der Intelligente zu schätzen, Schönheit auch der Hässliche.

Ich vertrete in Zukunft nur noch Meinungen, die niemand mit mir teilt. Dann hab ich was Eigenes. Frauen sollten durch Biber ersetzt werden.

Eigentlich kann man froh sein, dass man gerade auf diesem Planeten geboren wurde. Auf dem Mars nebenan wäre man gleich erstickt!

Konjunktive

28.08.2011 11:55

Bäte man mich um Verwendung des Konjunktivs, bärste ich gewiss vor Ehrgeiz, drösche hohle Phrasen und flöchte endlose Wortketten, da in mir die Begierde göre, dass man das Gesagte genösse und begeistert um Fassung ränge, bis ich lustvoll erschräke, weil Applaus erschölle. Lüde man mich fortzufahren ein, ersänne ich weitere Sentenzen, die wie Blumen auf meiner Zunge sprössen und wie Tau von meinen Lippen tröffen. Glömme noch immer Eifer in mir, hübe ich zu dichten an bis mein Redefluss überquölle und mich schließlich zum Schweigen bewöge.

Komposita

26.08.2011 01:00

Ein Nusskuchen ist aus Nuss, aber ein Hundekuchen nicht aus Hund, sondern für Hunde, aber ein Mutterkuchen nicht für Mütter, sondern in Müttern, aber ein Baumkuchen nicht im Baum, sondern wie ein Baum, aber ein Geburtstagskuchen nicht wie ein Geburtstag, sondern an einem.

Ist eine Käseglocke leiser als eine Messingglocke? Oder höre ich da eine Saugglocke läuten?

Überbevölkerter Himmel

25.08.2011 00:05

Zur Zeit leben 7 Milliarden Menschen auf der Erde. Aber wie viele Menschen haben eigentlich jemals gelebt? Nach einer Schätzung auf Snopes.com beträgt die Anzahl aller bisher gestorbenen Menschen etwa 60 Milliarden. Da wird es also recht eng, wenn laut christlicher Heilslehre am Ende aller Tage die Toten auferstehen.

Relevanzinsuffizienz

24.08.2011 23:08

Manchmal beginnt man einen Blogbeitrag, ohne eigentlich etwas aussagen zu wollen, sondern eher in dem Bestreben, die Seite zu füllen und wieder einmal etwas geschrieben zu haben, was natürlich für den späteren Leser solcher Zeilen eher unbefriedigend ist, aber darauf Rücksicht zu nehmen, kommt einem beim Verfassen selbiger gar nicht in den Sinn, obschon zur Vorbeugung späterer Reue hier bereits ein Wort der Anteilnahme, ja geradezu der Entschuldigung ausgesprochen werden soll, dass ein unwiederbringliches Stück Lebenszeit mit der Lektüre dieses Absatzes verschwunden ist, zumal er sicher schneller geschrieben als gelesen wurde, was die Ungerechtigkeit und Anmaßung, die darin steckt, den Text jetzt dennoch fortzusetzen, eher verstärkt als mildert und geradezu ins Bodenlose steigerbar wäre, wenn er schlussendlich in baren Unsinn gipfelte, wie es ja so fern während der Besteigung aufgrund dessen derjenige nie morgens mit Toast und Butter.

Lesung

15.08.2011 20:18

Am 18. August um 20:30 Uhr lesen der @Vergraemer und ich im Kinder- und Jugendtreff Lamme in der Lammer Heide 7 in Braunschweig-Lamme. Für jeden, der diese Ankündigung gelesen hat, herrscht Anwesenheitspflicht.