Nein, und zwar unter gar keinen Umständen, egal worum es geht.
Intensiv diskutiert wurde diese Frage zuletzt 2002 angesichts der Entführung Jakob von Metzlers und der dem Entführer angedrohten Folter durch den stellvertretenden Frankfurter Polizeipräsidenten.
Man muss sich grundsätzlich klarmachen, dass Folter keine Schuldigen aufdeckt, sondern Schuldige macht. Jeder Gefolterte gibt letztendlich das zu, was ihm vorgeworfen wird, egal ob er die Tat begangen hat oder nicht. Man könnte sich das Ganze also sparen und jeden Verdächtigen sofort verurteilen. Warum wird trotzdem gefoltert? Weil es der sexuellen Erbauung des Folterknechts und seiner Komplizen dient, wir würden also Beamte für ihr Privatvergnügen bezahlen und dazu noch unsere eigenen Mitbürger opfern, wenn wir Folter zuließen.
Auch unabhängig davon sind unsere Staatsbediensteten nicht so vertrauenswürdig, dass man ihnen die Macht über Leib und Leben der Bürger in die Hände legen möchte. Jeder flucht gegen ungerechtfertigte Bußgelder, zu hohe Steuerbescheide und absurde Gerichtsurteile, aber wenn es um Folter und Todesstrafe geht, dann sollen dieselben gescholtenen Staatsdiener plötzlich unfehlbar, weise und gerecht sein?
Im konkreten Falle des entführten Bankierssohnes zeigte sich die Sinnlosigkeit der Folter: Der Entführer hatte seine Tat bereits gestanden und wollte nur den Aufenthaltsort des Opfers nicht nennen, obwohl dessen unversehrtes Auffinden eine große Strafmilderung bedeutet hätte. Der nächstliegende Schluss wäre, dass das Kind bereits tot war, es ging also nur um eine Leiche, nicht um Kindesrettung. Weitere Möglichkeiten waren, dass der Junge noch lebte, der Verdächtige aber den Aufenthaltsort nicht kannte, also gar nicht der Täter sein konnte, oder drittens, dass der Entführer das noch lebende Kind aus reiner, sich selbst schadender Bosheit verdursten lassen wollte. Sogar in letzterem Falle hülfe die Folter nicht, da er bei Androhung einer solchen immer wieder falsche Verstecke nennen könnte, die dann vergeblich überprüft würden, bis er nach einigen Tagen von sich aus die Wahrheit spräche, weil das Kind dann gestorben wäre.
Man darf die Gesetze der Logik und Menschlichkeit auch dann nicht über Bord werfen, wenn es sich um ein besonders abscheuliches Verbrechen handelt, denn die Größe des Verbrechens darf nur die Härte der Strafe beeinflussen, nicht aber die Härte des Verhörs, weil jedermann gleich unschuldig ist, bevor ihm seine Tat nachgewiesen wurde. Ein freigesprochener Terrorverdächtiger hat das Gleiche getan wie ein freigesprochener Diebstahlverdächtiger, nämlich nichts. Wäre es gerecht, wenn man ersteren gefoltert hätte? Wenn ja, warum nicht auch letzteren? Weil Terrorismus schlimmer ist? Aber den haben doch beide nicht begangen, und hätte es einer von ihnen getan, würde er ja entsprechend härter bestraft – nach der Verurteilung! Und wirklich erst dann, denn Dreiviertel der Verdächtigen stellen sich später als unschuldig heraus.
Zu all diesen Fragen bezüglich Folter und Terrorbekämpfung gibt es ein neues Buch von Friedrich von Spee, in welchem er auch darlegt, dass es unlogisch sei, Terrorverdächtigen das Recht auf Verteidigung zu beschneiden, wie in Guantánamo, während jedem Diebstahlverdächtigen, der doch eine viel geringere Strafe zu erwarten hätte, alle Rechte zugestanden würden. Das Werk ist allerdings nur dann wirklich neu, wenn man eine kleine Korrektur vornimmt und das Wort „Terrorismus“ im Text dort einsetzt, wo jetzt noch „Hexerei“ steht in dem Buch von 1632.