Ich zahle mit meinen Steuern die Schulausbildung nicht nur für fleißige Schüler, sondern auch für lernunwillige.
Ich könnte ja meinen: Wer dreimal schwänzt oder zweimal sitzenbleibt, sollte keine Schulausbildung mehr bezahlt bekommen. Das würde viel Geld sparen, das man dann z.B. in die Polizei investieren könnte, weil plötzlich zigtausend Jugendliche auf der Straße herumlungern und Blödsinn machen.
Ähnlich sinnfrei ist die Idee, einigen Menschen die Sozialleistungen ganz zu streichen und dadurch die Menge der Obdachlosen, Bettler und Diebe zu vergrößern.
Wer außer den Betroffenen litte noch darunter? Wir gering bis mäßig verdienenden Stadtbewohner, die wir zu Fuß oder mit dem ÖPNV unterwegs sind statt mit schwarzen Limousinen. Und die wir keinen Zaun und keine Alarmanlagen haben.
Wir wünschen uns aus Empathie UND aus Eigennutz, dass mehr gegen Armut getan wird statt weniger. Wir brauchen nicht noch mehr Matratzen unter den Brücken, noch mehr Urinpfützen auf dem U-Bahnsteig, noch mehr Bettlerhände, die uns entgegengestreckt werden.
Wir zahlen jetzt schon eine „zweite Steuer“ in Form von Kleingeld direkt an die Bedürftigen, während die Limousinenfahrer nie wegen eines Almosens angehalten werden.
„Politik durch getönte Scheiben“ wird zum Problem. Die Politiker bekommen die Folgen ihrer Stammtischpolitik selbst gar nicht zu spüren. Die Bettler am Straßenrand sind nur Schatten im Vorbeifahren, und weder in der Tiefgarage noch im Carport neben der Villa wird man mit ihnen konfrontiert.
Man muss auch den Zukurzdenkern, die Populisten wählen, klarmachen, dass unsoziale Politik nicht mal die schlimmsten Egoisten auf Dauer glücklich macht. Wenn man Menschen jede Hilfe verweigert, dann holen sie sich das Lebensnotwendige eben auf andere Weise.
Entweder man hat einen Sozialstaat oder einen riesigen Polizeiapparat und Gated Communities neben Favelas. Ein Sozialstaat ist für alle lebenswerter, auch für diejenigen, die keiner Sozialleistungen bedürfen.