Der abgedrossene Kriminalroman

Schwein im Wald

Es war einer dieser kalten, regnerischen Herbstabende, an denen man nur Hunde und Privatdetektive vor die Tür schickte, und so setzte sich Spam Sade ans Steuer des Aston Martin und schälte mit seinem Nobelhobel den Asphalt von der Straße. Kaum tauchte sein rosa Lagonda in den Rückspiegeln der Verkehrsgegner auf, stoben sie panisch in die Straßengräben oder stoppten an der nächsten Bushaltestelle, um für immer dem Lenkrad zu entsagen.

Natürlich ließ er die Nebelschweinwerfer an, als er mit 200 Sachen durch die Fußgängerzone raste, und hob nur kurz die Hand von der Hupe, als er die Abkürzung über den Friedhof nahm.

Am Waldhotel angelangt, parkte er auf ein paar Fahrrädern oder Radfahrern und eilte in die Lobby, wo er von seiner Auftraggeberin bereits sehnlichst erwartet wurde. Es war eine dieser hochgewachsenen Blondinen, wie sie zu jeder Schlafzimmereinrichtung gehören sollten.

Spam steckte sich eine Goloas an, deren Schreibweise er schon wieder vergessen hatte, und überspielte mit einem souveränen Lächeln die erste Unsicherheit, die sich stets bei seinem Gegenüber einstellte, wenn ersichtlich wurde, dass er nicht nur ein toller Detektiv, sondern auch ein haekelschwein war. Nur wenige Größen seines Metiers waren heute noch gehäkelte Stofftiere, immer mehr waren schlichtweg gewöhnliche Menschen.

Wie sich herausstellte, bestand sein Auftrag in einer Lösegeldübergabe. Der Ehemann der Schönen war entführt worden und Spam die alte Schwarte sollte mal wieder die Kastanien aus dem Feuer holen. Vielleicht ging es aber auch gar nicht um Kastanien, sondern er sollte einfach das Geld im Austausch gegen den Entführten überbringen.

Wie auch immer, er machte sich gleich mit einem Aktenkoffer voller Banknoten auf den Weg in den nahe gelegenen Wald und harrte des vereinbarten Erkennungssignals: Beim imitierten Brunftschrei des einschnäbligen Buntsprenklers sollte er das Geld auf eine Lichtung werfen.

Schon acht Stunden später fiel ihm auf, dass er dieses Lockrufes gar nicht kundig war und daher den richtigen Zeitpunkt womöglich verpasst hatte. Zur Erhärtung seiner These trug die Leiche bei, die seit geraumer Zeit inmitten der Lichtung lag, in etwa dort, wo noch vor kurzem ein schwer verletzter Mann gelegen und „Ich konnte mich befreien“ geröchelt hatte, welchem Spam Sade aber keine Aufmerksamkeit schenkte, da er dem Vogelsange lauschte.

Beklommen klappte Spam klappernd seinen Klappspaten aus, der zusammengeklappt kleiner als nach dem Aufklappen ausgeklappt war und konnte klammheimlich den kalten Körper des kompromittierenden Corpus Delicti begraben.

Zum Hotel zurückgekehrt, beichtete er der wonnigen Witwe die bußwürdige Bluttat, doch diese schien wenig betrübt und erklärte ihm kalt lächelnd: „Ich wusste doch, dass Sie versagen, Mr. Sade, dafür sind Sie bekannt und deshalb habe ich Sie engagiert, denn nun kann ich die Lebensversicherung und das Erbe meines Mannes genießen.“ Spam war entsetzt: Solch eine Teufelin!

Geschmeidigen Ganges ging sie auf ihn zu und kraulte betörend seine Häkelohren: „Es soll auch dein Schaden nicht sein, mein kleiner rosa Held.“ Sie gehörte zu jenen Frauen, die ein Gästebuch auf dem Nachttisch haben. „Nur keine Hemmungen, Tiger. Du kannst nun alles von mir haben.“

Erfreut schnappte sich Spam Sade den Geldkoffer und fuhr mit seinem Luxusschlitten in den Sonnenaufgang.
Dort angekommen, wendete er mit quietschenden Reifen, fuhr zurück in die Abendröte, dann nach rechts einem ungewissen Schicksal entgegen, prallte gegen den Horizont, stürzte aus dem brennenden Wagen und... ignorieren Sie den letzten Absatz.

Qualitätskontrolle

Aus Kostengründen haben wir diesen Roman in einer chinesischen Literatur-Fabrik produzieren lassen.
 
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Text: Michael Budde

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