Elektrorad-Verkehrswende

Niemand in meinem Verwandten- oder Bekanntenkreis fährt ein Elektroauto. Das dauert sicher noch einige Jahre. Aber etliche haben sich ein Elektrorad gekauft und ersetzen damit manche Autofahrt.

Und wenn ich den Verkehr heute mit jenem vor zehn Jahren vergleiche, dann hat sich an der Blechlawine nix geändert. Die auffälligen Neuerungen sind, dass mehr E-Bikes, Lastenräder und E-Standroller unterwegs sind.

Während wir alle, und auch die Politik, gewohnheitsmäßig den Blick aufs Auto richten, vollzieht sich die Verkehrswende währenddessen auf dem Fahrradmarkt.

Dadurch wird die Rolle des Rades aber auch eine andere und eine angepasste Infrastruktur notwendig. Es gibt nicht mehr nur die Schrotträder für den Weg zum Bahnhof, deren Diebstahl wenig stört. Oder die Rennräder, mit denen man zu Hause startet und zu Hause wieder ankommt.

Wenn ein Rad einige Tausender kostet, will man es diebstahlsicher abstellen können. Wenn ein Rad Platz für den Wocheneinkauf oder den Nachwuchs bietet, will man keine handtuchbreiten Radstreifen.

Und viele Strecken, etwa zwischen den Städten, sind nicht auf Fahrräder ausgelegt, weil man annahm, dort radele niemand, was sich aber ändert, wenn dank Motor nun mehr Leute auch weitere Entfernungen auf dem Rad zurücklegen.

Die Lösung kann aber nicht sein, neben jede Straße zusätzlich zu einem Bürgersteig auch noch einen breiten Radweg zu setzen. Was ja meist zu Lasten von Bäumen und Grünstreifen geht. Stattdessen muss wieder gelten, dass Straßen nicht nur Autostraßen sind.

Wenn man Filmaufnahmen aus den 50ern sieht, staunt man über die vielen Radfahrer auf der Straße. Das ging, weil Autos noch relativ selten waren, während sie heute auf der Straße so in der Überzahl sind, dass alle anderen Verkehrsteilnehmer als Störenfriede empfunden werden.

Es führt kein Weg daran vorbei, den Autoverkehr wieder so einzuhegen und zu zivilisieren, dass er sich mit dem übrigen Verkehr verträgt. Also deutlich weniger Autos. 1980 gab es nur die Hälfte, und das war schon zu viel. Wer wirklich ein Auto benötigt, hat dann auch weniger Stau.

Und die Geschwindigkeit muss innerstädtisch auf reale 30 km/h begrenzt werden. Vielleicht muss dafür 25 km/h vorgeschrieben werden.

Dass unsere Wirtschaft von der Autoindustrie abhängt, weiß ich. Aber England war mal für seine Textilindustrie bekannt, Zeiten ändern sich. Bosch baut auch tolle Fahrradmotoren.

Wir hatten jahrelang bayrische Verkehrsminister. Wohin das geführt hat, sehen wir. Wie wäre es mal mit einem niederländischen Verkehrsminister?