Ein iPad ist ideal für jene, die bisher nur einen stationären Computer im separaten Arbeitszimmer nutzen, denn sie erhalten nun endlich vom Sofa aus Zugriff aufs Internet und können abends mal beim Fernsehen etwas in der Wikipedia oder Filmdatenbank nachschauen oder Facebooknachrichten verschicken.
Man befreit dadurch das Internet aus seinem Computergefängnis, denn wenn man während eines Gesprächs oder einer Fernsehsendung wissen möchte, wer Neo Rauch ist, will man sich dafür nicht wirklich „an den Computer setzen“, sondern einfach die Wikipedia aufschlagen oder die Google-Bildersuche bemühen.
Hat man hingegen bereits ein Notebook oder Smartphone, überschneidet sich das Einsatzgebiet des iPads damit, sodass die zusätzliche Anschaffung schwerer zu rechtfertigen ist.
Als eBook-Reader hat das iPad Vor- und Nachteile:
Die Vorteile sind, dass man auch bei Dunkelheit lesen kann und dass aufwändige Layouts und Illustrationen originalgetreu wiedergegeben werden, was bei Comics, Zeitschriften und vielen Sachbüchern wünschenswert ist.
Die Nachteile sind folgende: Der Akku hält zwar den ganzen Tag, aber nicht mehrere Wochen wie bei ePaper-Geräten, was jedoch nicht allzu praxisrelevant ist. Das Gewicht ist zu hoch, um das iPad lange in einer Hand zu halten oder mit zwei Händen über dem Kopf, wenn man im Liegen liest. Es gleicht doch eher einem dicken Hardcoverbuch, das man zum Lesen auf den Knien hat. Auch zum Mitnehmen ist es zwar kleiner als jedes Notebook, aber sperriger als ein Taschenbuch. Die Tatsache, dass es neben der eBook-Readerfunktion noch tausenderlei Spiele und Internetprogramme (Browser, Twitter) bieten kann, vermag leicht vom Lesen abzulenken. Das Display ist zum Lesen an der hellen Sonne schlecht geeignet, wie Notebooksdisplays generell, also ungeeignet für den Strand oder die Liegewiese.
Ein letzter Nachteil ist Empfindungssache: Manche Menschen haben Einschlaf-Schwierigkeiten, wenn sie bis spät abends vor einem kaltlichtigen Leuchtmonitor sitzen. Der Körper ist eher darauf eingestellt, dass zur Schlafenszeit hin eine wärmere, mehr ins rötliche Spektrum gehende Beleuchtung herrscht. Außerdem werden die Dinge des täglichen Lebens indirekt beleuchtet und leuchten nicht selbst unmittelbar ins Auge wie ein Computerdisplay.
Somit kommen wir zu den Vorteilen der ePaper-basierten eBook-Reader:
Deren Bildschirme sind nicht hintergrundbeleuchtet, sondern sehen aus wie bedrucktes Umweltschutzpapier. Zum Lesen bedarf es indirekter Beleuchtung wie bei einem Buch. Im Dunkeln sieht man nichts darauf, aber dafür lassen sie sich sogar in hellstem Sonnenlicht problemlos lesen, wo das iPad passen muss.
Liest man vorm Schlafengehen auf einem ePaper-Gerät, hat man nicht das Gefühl, „bis zuletzt vorm Computer gesessen“ zu haben, wie es beim iPad der Fall sein kann, sondern es ist, als habe man ein papierenes Buch gelesen, und somit für meinen Geschmack entspannender.
Weil ePaper nur beim Umblättern Strom verbraucht, nicht aber beim Anzeigen, muss man ein solches Gerät nur alle paar Wochen aufladen, kann es also ohne Netzteil mit in den Urlaub nehmen.
Im Gewicht liegen die meisten eBoook-Reader deutlich unter dem iPad, können also in den gewohnten Lesehaltungen eines Buches genutzt werden.
Ich habe mich beispielsweise für den Bookeen CyBook Opus entschieden, weil er nur 150g wiegt, ein kleines 5″-Display hat und einen schmalen Displayrahmen ohne Tastatur. Damit war er für mich der erste eBook-Reader, der handlicher als ein Papierbuch ist, den man also bequem zwischen zwei Fingern halten kann und der die Tasche weniger ausbeult als ein Taschenbuch. Das reduzierte Äußere lässt weniger das Gefühl aufkommen, ein elektronisches Lesegerät mit sich herumzutragen, als vielmehr eine kleine Anzeigetafel, bei welcher der technische Überbau in den Hintergrund tritt.
Der Opus ist aber ein Gerät für Puristen, die nicht mehr von einem eBook-Reader verlangen, als darauf Texte lesen zu können. Er bietet keine Notizfunktionen, kein Wörterbuch, keinen Wikipediazugriff, keine drahtlose Verbindung, keinen eingebauten Buchladen.
Der Amazon Kindle hingegen bietet für weniger Geld all diese und noch mehr Funktionen, weshalb er (trotz gegenteiliger Meinung der Stiftung Warentest) rein objektiv betrachtet die bessere Wahl scheint. Vom Gefühl her missfiele mir an ihm jedoch, eine Tastatur unten am Buch zu haben, zumal diese mitsamt dem 6″-Display das Gerät zu groß für die Hosentasche werden lässt, sodass man es häufiger zu Hause lassen wird als den kleineren Opus. Auch ist die Auswahl deutschsprachiger Bücher für den Kindle noch recht dürftig.
Neben den Vorteilen der ePaper-Technologie sollte man auch ihre gravierenden Nachteile nicht vergessen: Man kann damit nur unbewegte schwarz-weiße Grafiken mit wenigen Graustufen anzeigen und bei jedem Umblättern wird der gesamte Bildschirm einmal schwarz und baut sich dann neu auf. Neben dem iPad, das Farben, Animationen und Filme beherrscht, wirkt ein ePaper-Gerät wie ein 80er-Jahre-Relikt. Technisch ist es zwar die modernere Lösung, aber zu schätzen weiß man das nur, wenn man überwiegend Fließtexte lesen will. Die bessere Bezeichnung wäre eigentlich statt eBook-Reader eher eNovel-Reader, denn für Bücher mit mehrspaltigem Layout, Illustrationen, Textkästchen und Tabellen eignet sich der einfarbige kleine Bildschirm kaum, sondern bevorzugt für Romane und Fachbücher, die aus reinem Text bestehen, dessen Schriftgröße und Paginierung man dann dem eigenen Bedarf anpassen kann.
ZUSAMMENFASSUNG:
Wenn man eine spartanische Möglichkeit möchte, um tausende Literaturklassiker ablenkungsfrei überall lesen zu können, kaufe man den Bookeen CyBook Opus. Wenn man mit den Texten auch arbeiten möchte (Anmerkungen notieren, Worte nachschlagen, Textstellen suchen), dann nehme man den Amazon Kindle, der das bessere Preis-Leistungsverhältnis bietet. Wenn man noch kein Notebook hat und neben Büchern auch viele Internettexte (Blogs, Zeitungsseiten) lesen will, dann nehme man das iPad, welches sein Geld auf jeden Fall wert ist. Andere Tabletcomputer können diesem vom Bedienungscomfort her nicht das Wasser reichen und sind allenfalls Computerfreakspielzug, das man sich nicht antun sollte, denn der Witz dieser Gerätekategorie soll ja gerade sein, dass man von EDV-Problemen verschont bleibt und sich ganz auf die Inhalte konzentriert.