Ich glaub, ich hab eine Erklärung für das Bullerbü-Syndrom, also den Glauben, Großstädte müssten von Autoverkehr geprägt sein, weil sie keine idyllischen Dörfer seien, wo alle zu Fuß gingen. Richtig ist ja das Gegenteil, auf dem Land fährt jeder Auto, in der Stadt kann man gehen.
Das Bullerbü-Syndrom erklärt sich dadurch, dass Autos im ländlichen Raum auf Privatgrundstücken und in Garagen parken, in Städten aber am Straßenrand. So entsteht der Eindruck, Autos seien typisch für Städte, obwohl dort prozentual weniger Leute ein Auto haben und brauchen.
Auf dem Lande geht niemand zu Fuß, nicht mal kurze Strecken. Außer Touristen aus den Städten, die da einen schönen Spaziergang machen und dann zu Hause erzählen, wie schön beschaulich es in diesen Bullerbü-artigen Dörfern sei. Dabei braucht man dort ein Auto, nicht in der Stadt.
Mein kleiner Berliner Kiez und mein ländlicher Heimatort haben dieselbe Einwohnerzahl. Im städtischen Edeka stehen die Milchkartons und Joghurtbecher einzeln im Regal, im ländlichen werden sie palettenweise gekauft. Das zeigt doch gut, wer mit Kofferraum und wer mit Tasche kommt.
Gerade das Missverhältnis von geringer Notwendigkeit und hoher optischer Dominanz ist so ärgerlich am Auto in der Großstadt.
Leider haben wir sogar eine Bürgermeisterin, die „Berlin ist nicht Bullerbü“ sagt und damit die Notwendigkeit einer autofreundlichen Stadt zu begründen glaubt, während man ihr eigentlich antworten müsste: „Richtig, wir sind eine Großstadt und brauchen daher nicht überall Autos!“