Das haekelschwein Blog

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Der Gegenbesuch

15.03.2013 12:00

Eigentlich hatte ich ja die Nase voll von den Braunschweigern, seit unserem letzten Besuch dort.

Bitte die Schuhe draußen ausziehen, Hände desinfizieren nicht vergessen, legt euch ein Sitzkissen drunter, kommt mit dem Kopf nicht an die Sofalehne, über Politik und Sport sprechen wir zu Tisch nicht, vor dem Essen wollen wir dem Herrn danken, das iPhone bleibt bitte in der Tasche. Ein Abend, so gemütlich wie eine Abiturprüfung.

Aber jetzt freue ich mich richtig auf den Gegenbesuch, und da sind sie ja auch schon!

„Ja, mooooin, die Braunschweiger, wie nett, dass ihr kommen konntet! Inez ist noch einkaufen, aber tretet doch schon mal ein.

Die Schuhe könnt ihr anbehalten, aber setzt bitte diese Hauben auf, ich bekomme es sonst wieder mit meiner Haarallergie zu tun.

Ihr wisst ja: Mein Haus, meine Regeln, da folge ich ganz eurem Motto. Deshalb nehmt es mir nicht übel, wenn ich euch ein bisschen einsprühe hiermit, das ist ein ganz mildes Milbenmittel. Ich bin da vielleicht übervorsichtig, aber was will man machen, wenn man Hausstaub nicht verträgt.

Riecht ein bisschen streng, wie? Das nehme ich schon gar nicht mehr wahr, daran gewöhnt ihr euch. Habe ich auch, hat kaum eine Woche gedauert.

Oh, ein Blumenstrauß? Das nehmt bitte nicht persönlich, wenn ich den gleich hier in den Müllschlucker tue. So, schwupps isser weg, haha, aber seid unbesorgt, das ist nur wegen der Inez, die ist ja total gegen Schnittblumen. Pflanzenmord nennt sie das, aber könnt ihr ja nicht wissen, und da möchte ich natürlich nicht, dass ihr sie ungewollt kränkt, so ein kleiner Fauxpas, der bleibt einfach unter uns, das versteht sich doch unter Freunden.

Folgt mir ins Wohnzimmer, da habe ich schon für uns aufgedeckt. Ja, richtig, der Tisch wirkt etwas hoch, wenn man hereinkommt, aber das ist nur, weil wir auf Stühle verzichten. Seit einem Jahr schon, und ihr glaubt gar nicht, wie herrlich das für den Rücken ist. Bandscheibenvorfälle sind passé für uns.

Die Inez meinte erst: Wollen wir nicht für die Gäste ein paar Stühle behalten? Aber davon hielt ich nichts, als Gast möchte man sich doch einfügen bei den Leuten, die man besucht, zu Hause kann man ja dann wieder leben, wie man will. Nicht wahr? Ich hab ihr gleich gesagt, das sähet ihr genauso.

Ich schenke euch erstmal was von dem Sauerkrautsaft ein, oder mögt ihr lieber Brottrunk? Ich habe extra beides da, die Geschmäcker sind ja verschieden.

Was für einen Kuchen mögt ihr am liebsten? Schoko oder Nuss? Ah, die mögt ihr beide? Ich auch, hatte erst gestern welchen, aber heute gibt es Möhrentorte, ganz was Gesundes, man will ja seine Gäste auch nicht in Versuchung führen.

Apropos führen, ich führe ja Tagebuch. Gewiss habt ihr nichts dagegen, wenn ich unser Gespräch aufzeichne? Ich möchte schließlich nichts verfälschen. Ignoriert das Diktiergerät einfach.

Ach, einen wichtigen Termin habt ihr vergessen? Na klar, das kann mal passieren, dafür habe ich Verständnis. Wartet, ich begleite euch zur Tür. Aber ihr müsst mir versprechen, dass wir unser gemütliches Beisammensein bald nachholen.

Oh, da kommt Inez auch gerade vom Einkaufen.

Hallo, Inez, die Braunschweiger müssen leider schon gehen, ein wichtiger Termin. Ist ja nun schade, aber da kann man nix machen.

Wie bitte, was die lustigen Hauben sollen? Das erkläre ich dir später, wenn wir unter uns sind.

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